Eine digitale Bildungsplattform und einige Fragen

Auf der Website des Kultusministeriums Baden-Württemberg wird in der Einleitung zur digitalen Bildungsplattform, die im Schuljahr 2019/20 kommen soll, erklärt, wofür sie gedacht ist:

„Mit dem Aufbau einer digitalen Bildungsplattform möchte das Kultusministerium die Schulen im Land dabei unterstützen, digitale Medien im Lehr- und Lernprozess rechtssicher und komfortabel zu nutzen.“

Bildschirmfoto 2017-11-11 um 20.02.55Für mich wirft diese Erklärung einige Fragen auf, die gerne ergänzt oder beantwortet werden dürfen: Ist das die beste Lösung einer rechtssicheren und komfortablen Nutzung? Wäre es nicht besser, wenn alle am Schulleben Beteiligten den rechtssicheren und souveränen Auftritt im Netz lernen würden und ihr Lehr- und Lernumfeld nicht auf eine Plattform beschränken müssten? Entscheiden nicht die Nutzer über Komfort? Ist das nicht der Grund, weshalb sich nutzerfreundliche Systeme gegen die Konkurrenz im freien Netz durchsetzen? Für wen ist eine digitale Bildungsplattform die beste Lösung einer rechtssicheren und komfortablen Nutzung? Ist diese Lösung primär für Lehrpersonen konzipiert oder ist sie auch für Schüler_innen komfortabel? Sind bzw. waren Rechtssicherheit und Komfort die einzigen Orientierungspunkte bei der Entwicklung? Was ist mit allen anderen Aspekten eines zeitgemäßen Lehr- und Lernprozesses, wie zum Beispiel dem persönlichen Lernnetzwerk? Wo und wie können sie in diesem Konzept stattfinden? Wem gehören die Produkte eines Lernprozesses, die auf der Plattform abgelegt und ausgetauscht werden? Kann man diese Produkte als Schüler_in nach der Schulzeit oder bei einem Umzug in ein anderes Bundesland mitnehmen? Welche Rolle spielt das Web? Was geschieht eigentlich, wenn die 100 ausgewählte Schulen nach der einjährigen Testphase rückmelden, dass eine Nachbesserung nicht ausreicht und das Konzept einer digitalen Bildungsplattform nicht funktioniert? Dürften die das rückmelden?

7 Comments

  1. Es ist ja richtig, das ein jedes System in Schule am Ende auch für Schüler kompatibel sein soll. Aber ihre Fragen missdeuten ja absichtlich. Es geht um die, die eigentlich Schule ausmachen, das Kollegium. Dieses soll rechtssicherheitbekommen und Lernstoffs möglichst komfortabel an die Schüler bringen. Wenn man das erreicht, kann auf dieser Grundlage auch zumindest ein Großteil der Schüler sich eigene Netzwelten aufbauen.

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  2. Manche der Fragen teile ich mit Ihnen. Aber in der häufig aufgeworfenen Abwägung zwischen „Rechtssicherheit“ und „Komfort“ habe ich eine klare Meinung! Rechtssicherheit geht absolut vor! Und dies nicht einfach um das Recht formal zu erfüllen, sondern weil ich der Überzeugung bin, dass der Schutz der Lernenden, sowie der Lehrkräfte, absoluten Vorrang hat. Wohin der derzeitige Fokus auf „Komfort“ führt, kann man allenthalben sehen.

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    1. Hmmm … ich sehen den „Like“ … aber was bedeutet mein Statement „Rechtssicherheit“ vor „Komfort“ im konkreten Fall aus Ihrer Sicht? Sie werfen die Frage auf und suggerieren, so zumindest mein Empfinden beim Lesen, dass die Komfort-Frage eine höhere Gewichtung hat. Sie bringen das Thema Komfort ja auch in einem weiteren Kontext ins Spiel -> Zitat: „… Lösung primär für Lehrpersonen konzipiert oder ist sie auch für Schüler_innen komfortabel? …“

      Oder anders gefragt: Wie sähe Ihr persönliches Konzept (mit Nennung der eingesetzten Lösungen / Produktnamen) aus wenn Sie die Rechtssicherheit bei maximalem Komfort für die Lernenden kombinieren?

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      1. Mein Like war ein Dankeschön für einen weitere Sichtweise. Mir war nicht klar, dass meine Meinung dazu erwartet wurde. Mein präferiertes Konzept steht in den Suggestivfragen im Blogbeitrag. Dass ein Lernprozess, wie ich ihn als notwendig betrachte, stattfinden kann, wäre auf meine Prioritäten-Liste ganz oben. Komfort läge weiter unten. Rechtssicherheit wiederum weiter oben. Genauer werde ich demnächst in einem Blogbeitrag darauf eingehen, weil ich zu den Fragen auch (m)eine Antwort in die Waagschale werfen möchte.

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  3. Die Schülerinnen und Schüler sollen laut Bildungsplan BW lernen, den Herausforderungen der Mediengesellschaft selbstbewusst begegnen zu können. „Dazu gehören eine sinnvolle reflektierte und verantwortungsbewusste Nutzung der Medien …“ Ist es dann tatsächlich ausreichend, dies nur im einem sehr geschützten Rahmen zu tun?
    Meine Schülerinnen und Schüler erstellen z.B. mit Hilfe eines Blogs eigene Lernprodukte. Bedeutsam wird dies dann, wenn die Lernenden ihre Ergebnisse öffentlich präsentieren können und im Internet in einen Diskurs eintreten. Wenn sie gesehen werden und Rückmeldungen erhalten, die zum weiteren Nachdenken führen. Sonst werden die Arbeiten nur für die Lehrperson und für eine entsprechende Note erstellt.

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  4. Hallo Dejan.

    Ein Lernmanagementsystem muss ja nicht ausschließlich mit Bordmitteln betrieben und befüllt werden.

    Man kann ein LMS dazu nutzen, extern von SchülerInnen erstellten Content (Filme, Animationen, Podcasts. Quizze, Interaktives) strukturiert und geordnet einzubinden und z.B. in Foren oder thematischen Wikis zu diskutieren. Bei jedem so per Link oder Embedding eingebundenen Dienst besteht die Möglichkeit, Aspekte wie Datenschutz, Vernetzung und Teilhabe zu thematisieren.

    Man kann(!) aber auch mal ein solches Projektergebnis lediglich LMS-intern hochladen (zumindest bei Filmen, Audiodateien, Texten, Bildern und Präsentationen geht das).
    Denn es kommt durchaus öfter vor, dass SchülerInnen keine weltöffentliche Verbreitung ihrer Werke wünschen, dem Diskurs im geschützten Klassenrahmen aber durchaus zustimmen.
    So können auch sie digitale Arbeitsergebnisse teilen und lernen auf digitalen Kommunikationswegen angemessen mit Kritik am eigenen Produkt umzugehen oder solche zu formulieren.

    Wie weit man sich öffnet und den kuscheligen Schonraum LMS verlässt, können die einzelnen SchülerInnen selbst entscheiden.

    Was allerdings mit LMS nicht gefördert wird ist die selbstständige Sammlung und Strukturierung von Materialien und Lernergebnissen. Das stört mich.

    Das könnte man aber einfordern, z. B. in Form eines Portfolios.

    Gruß nach Freiburg

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