Am Samstag vor einer Woche fand das DemokratieCamp statt, zu dem sich um die 300 Demokrat*innen aus der Region Freiburg in der Lounge des SC Freiburg trafen, um die Arbeit nach den Demos anzugehen. Sie wollten sich informieren, austauschen und gemeinsam planen, wie die Demokratie gestärkt und geschützt werden kann. Weil ein Interesse (auch aus anderen Regionen und Städten, die ähnliche Ideen und Ziele verfolgen) an den Ergebnissen besteht, aber auch an der Frage, wie es weitergeht bzw. weitergehen kann, fasst dieser Beitrag wesentliche Aspekte in einem Rückblick und Ausblick zusammen. (Die Badische Zeitung hat hier, radio dreyeckland hat hier und der SC Freiburg hat hier über das DemokratieCamp berichtet.) 

Rückblick

Werte

Es ist alles andere als selbstverständlich, dass um die 300 Menschen freiwillig an einem Samstagmorgen erscheinen, um den ganzen Tag an der Stärkung und dem Schutz der Demokratie zu arbeiten. Es kamen Schüler*innen, Lehrkräfte, Unternehmer*innen, Vereins- und Medienvertreter*innen, Menschen von diversen Initiativen, aus dem Kultur- und Politikbereich oder Einzelpersonen als Demokrat*innen, die das Bedürfnis haben, etwas zu tun. Sie unterschieden sich in ihren verschiedenen Rollen, ihrem Wissen und ihren Perspektiven. Sie einte, die Demokratie stärken und schützen zu wollen, angetrieben von gemeinsamen Werten, die bei Menschen in der Regel tief verwurzelt sind. 

Folgendes Ergebnis hatte eine Umfrage (an der 158 Personen teilnahmen) dazu im Vorfeld des DemokratieCamps ergeben:

(Werte, die mehrfach genannt wurden, erscheinen größer in dieser Wortwolke.)

Es darf auch nicht unterschätzt werden, wie viele gekommen waren, obwohl sie nicht wussten, was sie erwartet, da es kein Programm gab. Das Barcamp-Format zeichnet aus, dass ein Programm erst vor Ort mit allen Anwesenden gemeinsam und demokratisch erstellt wird. Das verlangt eine ordentliche Portion Offenheit, Vertrauen und Bereitschaft sich auf etwas Neues einzulassen. Und das mit Menschen, die man nicht kennt und in einem unbekannten Umfeld. Es besteht auch ein gewaltiger Unterschied darin, für ein, zwei Stunden zu einer Kundgebung zu gehen oder einen ganzen Tag in ein Projekt zu investieren, bei dem der Verlauf und Ausgang vorher komplett offen sind. Beim DemokratieCamp war dieses Potenzial zu spüren und wurde eine Energie freigesetzt, die bis heute nachwirkt.

Programm

Nach einer guten Stunde der Vorstellung und Abstimmung von Ideen, woran und wie gearbeitet werden soll, stand das Programm mit 54 Sessions. So hatte jede Person in vier aufeinanderfolgenden Zeitblöcken von 45 Minuten jeweils 14 verschiedene Angeboten zur Auswahl. (Nur in der ersten Zeitschiene waren es 12.) Um die Inhalte der Angebote allen zugänglich zu machen, die nicht daran teilnehmen konnten, wurde vereinbart, in vorher angelegten (Online-)Vorlagen gemeinsam als Gruppe zu dokumentieren. In 47 Sessions hat das funktioniert (was im Vergleich zu anderen, ähnlichen Barcamps eine hohe Quote darstellt). Die Protokolle kann man hier nachlesen. 

Eine Session, Gesicht zeigen, vom Fotografen Peter Herrmann fand in den ersten zwei Zeitschienen statt und erscheint nicht in den Protokollen oder dem Programm, weil es ein offenes Angebot war. Er hatte eine Fotoecke aufgebaut, in der sich Demokrat*innen von ihm professionell ablichten lassen konnten, um diese Bilder mit dem Hashtag #DemokratieVereint im Netz zu teilen und sich über ihre Social Media-Kanäle zur Stärkung und zum Schutz der Demokratie zu positionieren und der Bewegung der letzten Wochen ein Gesicht bzw. viele Gesichter zu geben. (Peter Herrmann und Hans Simonyi, ebenfalls Fotograf, haben die Veranstaltung mit zahlreichen Bildern dokumentiert, die sie hier und hier allen zur Verfügung gestellt haben.)

Wirkung

Es wurde diskutiert, sich informiert, Expertise gebündelt und transparent gemacht, sich vernetzt, konkret geplant oder auch (mit der Foto-Aktion) direkt gehandelt. Es herrschte durch das gemeinsame Ziel, die Demokratie stärken und schützen zu wollen, eine Grundstimmung der Verbundenheit. Als nach der Planung die Arbeit an den verschiedenen Stellen aufgenommen wurde, wandelte sich die anfängliche Skepsis (gegenüber dem Ablauf) einiger (die zum ersten Mal bei einem Barcamp waren) zunehmend in Zuversicht. Es wurde an einigen Stellen zwar klar, dass demokratische Prozesse nicht einfach sind und der Weg noch lang und steinig ist, er aber gemeinsam gegangen werden muss und kann. 

Weshalb Sessions, die z.B. fragten, wer und weshalb nicht zum DemokratieCamp erschienen war und sprach, wichtig waren, um eine ehrliche und notwendige Auseinandersetzung darüber zu führen, welche Möglichkeiten der Teilhabe und Teilgabe tatsächlich vorliegen und welche strukturellen Probleme diesbezüglich angegangen werden müssen. Dass sich am Ende des DemokratieCamps alle gegenseitig applaudierten und bestärkten, war ein emotionaler, schöner und wichtiger Moment, den auch die Kundgebungen erzeugen: Zu erleben, nicht allein zu sein, in diesen schwierigen Zeiten. Verbündete um sich zu wissen und zu spüren wirkt empowernd und ist auch Teil eines Vorgehens, wie die Demokratie gestärkt und geschützt werden kann.

Ausblick

„Wie geht es weiter?“

Mit der Frage, wie es nach den Demos weitergeht, wurde das DemokratieCamp eröffnet und beendet, weil gesagt wurde, dass es immer noch offen sei, wie es weitergehen kann, soll und muss. Eine knappe Woche später traf sich deshalb eine Gruppe von gut 20 Personen, um diese Frage erneut aufzugreifen und zu klären. Was zur Erkenntnis führte, dass es sich hierbei nicht um eine Frage, sondern um eine nie endende gesamtgesellschaftliche Aufgabe in einer Demokratie handelt. „Wie geht es (nach den Demos) weiter?“ muss sich jede*r Demokrat*in, jeder Verein, jede Institution, jedes Unternehmen und jede sonstige Organisation immer wieder aufs Neue fragen und dabei kritisch reflektieren, was bisher vorliegt, das die Demokratie stärkt und schützt und was noch notwendig ist bzw. wie das erreicht werden kann. 

Um hierfür dauerhaft einen Raum zu schaffen und es nicht bei den Kundgebungen und dem DemokratieCamp zu belassen, hat sich einen Personenkreis (ein Projekt, das aus einer Session entstanden ist) gebildet, der an Ideen arbeitet, wie das aktuelle Potenzial und die demokratische Energie in der Region Freiburg verstetigt werden kann. Organisiert wurde die Arbeit bisher über eine Signal-Gruppe und einem (hybriden) Treffen (in Präsenz und Online zugeschaltet). Um möglichst schnell und vielen Demokrat*innen einen Zugang zu allen Informationen und Entwicklungen zu bieten, wurde dabei beschlossen, eine gemeinsame digitale Plattform bereitzustellen und zu nutzen.

Gemeinsame Plattform

Alle, die sich beim DemokratieCamp angemeldet haben und angaben, informiert bleiben zu wollen, werden eine E-Mail erhalten, wie sie auf diese gemeinsame Plattform kommen können. (Es handelt sich dabei um HumHub, einer Social-Network-Software. Die Bereitstellung und Finanzierung übernimmt #freiburg_gestalten.) Im besten Fall teilen die DemokratieCamper*innen (oder die, die diesen Beitrag lesen) diese Information und Möglichkeit über soziale Netzwerke und sonstige Kanäle an alle Demokrat*innen aus der Region Freiburg. Ein wesentliches Ziel ist es, damit eine nicht kommerzialisierte Plattform für ein regionales Demokratie-Netzwerk von der Zivilgesellschaft für die Zivilgesellschaft zu bieten.

(Wer nicht im oben genannten Verteiler ist, in der Region Freiburg lebt und der Plattform beitreten möchte, erhält alle Infos vorerst via E-Mail. Einfach eine Nachricht an orga-team@freiburg-gestalten.de senden.)

Im oben verlinkten Radiobeitrag zum DemokratieCamp sagte ein Schüler, nicht einfach Fremde auf der Straße ansprechen zu können, um mit ihnen über Demokratie zu diskutieren und dass das DemokratieCamp genau dafür einen Raum und eine Möglichkeit geboten hätte. Die gemeinsame digitale Plattform soll so einen Begegnungs- und Dialograum dauerhaft bereitstellen. Damit wäre auch das Problem vieler gelöst, informiert sein und sich einbringen zu wollen. Auch Expertisen und Bedarfe oder bereits berstende Vereine, Initiativen und Projekte könnten transparent gemacht und zusammengeführt werden. Es könnte ein digitales Zuhause für eine Demokratiebewegung sein und die angestrebte Verstetigung begünstigen.

Danke

Über eine Signal-Gruppe wurde mit Dirk Philipi, Solveig Schwarz, Benedikt Sauerborn, Ilaria De Altin, David Pomp, Sarah Baumgart und Hanna Gier das DemokratieCamp über Wochen geplant und vorbereitet. Der SC Freiburg hatte nicht nur attraktive Räume zur Verfügung gestellt, sondern sich im Vorfeld bei der Planung und vor Ort bei der Umsetzung (insbesondere sind hier Arne Stratmann und Sarah Maier zu erwähnen, die das alles mit vielen Mitarbeiter*innen zeitgleich zur Vorbereitung des Europa League-Spiels gegen RC Lens geleistet haben) enorm engagiert und viel zum Erfolg des DemokratieCamps beigetragen. Das hatte nichts mit PR zu tun, sondern spiegelte die klare Haltung des Vereins bezüglich der der Stärkung und des Schutzes der Demokratie wider. Das gilt auch für Tecstage (bzw. Markus Müller sein Team), die dafür gesorgt haben, dass die Technik an diesem Tag nicht (bewusst) wahrgenommen wurde, weil sie überall war, wo sie gebraucht wurde und reibungslos funktionierte, wie sie sollte. Die (kostenfreien) Getränke hatte der SC Freiburg und alles, was an (kostenfreiem) Essen zur Verfügung stand, hat der Verein #freiburg_gestalten finanziert. Danke allen, die am DemokratieCamp mitgewirkt haben und sich auch weiterhin engagieren: #DemokratieVereint.

Demo und dann?

Foto: Peter Herrmann

Wie bereits auf der Versammlung #DemokratieVereint stärken und schützen auf dem Platz der Alten Synagoge angekündigt, soll es für alle Bürger*innen (Familien, Einzelpersonen, Freundeskreise, Vereine, Unternehmen, Schulen, Hochschulen, Verwaltung, Initiativen usw.) aus Freiburg und der Region am 24. Februar ein (kostenfreies) Folgeangebot geben, um das fortsetzen zu können, was mit den verschiedenen Kundgebungen begonnen wurde. Geplant und zugesagt als Ort ist bereits die Staudinger-Gesamtschule Freiburg. UPDATE: Es wird im Europa-Park Stadion (bzw. der Lounge) stattfinden.

Als diese Idee entstand, hatte niemand mit über 25 000 Menschen gerechnet. Den verschiedenen Menschen, die diese Veranstaltung im Hintergrund planen, wäre es wichtig, dass alle Personen, die jetzt anpacken möchten, dafür auch einen Raum erhalten. Deshalb haben wir eine Website aufgesetzt, auf der ihr euch hier bitte (am besten gleich) anmeldet, damit wir erfassen können, ob es notwendig ist, einen größeren Austragungsort zu organisieren. (Bei bis zu 200 Personen würde es an der Staudinger-Gesamtschule stattfinden.) Bitte teilt diese Info in euren Netzwerken!

Programm DemokratieCamp

Je nach Größenordnung und Ort kann es zu Verschiebungen im Programm kommen. Aktuell ist der Ablauf von 9 Uhr bis 16:30 Uhr geplant. Die Veranstaltung wird in einem demokratischen Format durchgeführt, das sich Barcamp nennt. Dabei sind nur der Zeitrahmen und Räume festgelegt. Alles andere handeln die Anwesenden erst vor Ort gemeinsam aus. 

Wie können Unternehmen, Vereine, Institutionen (z.B. Schulen, Ämter, Hochschulen) usw. Diskriminierungen dauerhaft in ihren Strukturen angehen? Ob, wann und wie werden Gespräche mit der Familie, Freunden und Bekannten geführt, die menschenfeindliche Aussagen treffen? Was kann ich konkret tun, damit unsere Demokratie wehrhafter und stärker wird? Welche Initiativen, Vereine, Personen/-gruppen usw. gibt es dazu bereits in der Region? Gibt es erfolgreiche, erprobte Ansätze aus anderen Städten oder Ländern, die zu einer Demokratiestärkung führen? Diese oder viele weitere bzw. deine Fragen, Ideen und Lösungsansätze können hier stehen.

So könnte ein möglicher Tagesplan aussehen:

09:00 – 09:30 Uhr Ankommen und registrieren

09:30 – 09:50 Uhr Begrüßung und Erklärung der Barcamp-Regeln

09:50 – 11:15 Uhr Gemeinsame Planung der Angebote

11:30 – 12:15 Uhr Angebotsrunde 1

12:15 – 13:30 Uhr Mittagspause und -essen

13:30 – 14:15 Uhr Angebotsrunde 2

14:30 – 15:15 Uhr Angebotsrunde 3

15:30 – 16:15 Uhr Angebotsrunde 4

16:15 – 16:30 Uhr Gemeinsamer Abschluss (Austausch und Ausblick)

Sobald nähere Infos vorliegen, werden sie wieder (hier und) im Netz unter #DemokratieVereint geteilt werden bzw. zu finden sein. Die Demonstrationen waren nur ein Auftakt. Jetzt folgt die gemeinsame und wichtige Arbeit. UPDATE: Hier findet ihr mehr Infos zur Idee des DemokratieCamps und wie man sich darauf vorbereiten kann.

Am Sonntag, den 21. Januar 2024, sind alle Demokrat*innen aus Freiburg und der Region eingeladen worden, sich unter dem Titel Demokratie vereint stärken und schützen um 15 Uhr auf dem Platz der Alten Synagoge zu versammeln. Dieser Beitrag soll ein paar wesentliche Fragen zu Versammlung klären. Ich hoffe dabei auf die Solidarität von Menschen mit Internet, dass diese Informationen möglichst viele Menschen aus Freiburg und der Region erreichen. Hierfür ein herzliches Dankeschön im Voraus.

Programm

Der aktuelle Plan lautet:

15 Uhr bis 15:15 Uhr Begrüßung und kurze Rede

15:15 Uhr bis 15:30 Uhr Demokratiegespräche

15:30 Uhr bis 15:35 Uhr Organisatorisches

15:35 Uhr bis 16:xx Uhr Demokratiebewegung (Aufzug)

16:xx Uhr bis 17 Uhr Demokratiegespräche und Abschluss/Verabschiedung

Am Mittwoch fand die Kundgebung Gemeinsam gegen Rechtsextremismus mit fast 10 000 Menschen statt, die von den Jugendorganisationen (der Parteien) organisiert wurde und die ausschließlich aus verschiedenen Redebeiträgen bestand. Am Samstag planen die Omas gegen Rechts eine Menschenkette. (Hier hoffe ich auf die gleiche Solidarität der Bürger*innen wie am Mittwoch.) Deshalb liegt am Sonntag der Schwerpunkt bei einem gemeinsamenAufzug“ (so heißt das in Amtssprache, habe ich gelernt) bzw. einer Demokratiebewegung durch die Stadt. Folgende Route habe ich dabei angemeldet:

Demokratiegespräche

Ein Kernziel der Versammlung ist es, dass möglichst viele und diverse Bürger*innen miteinander ins Gespräch kommen, was sie unter Demokratie verstehen, um diesen Begriff mit Bildern zu füllen. Deshalb lade ich alle herzlich ein, Plakate, Schilder oder Banner für den Sonntag zu erstellen, auf denen steht, was für sie Demokratie bedeutet, was das mit ihrem Leben zu tun hat, warum sie die Demokratie jetzt wehrhaft sein muss, welche Werte ihnen wichtig sind oder welche Probleme sie sehen und welche Lösungen sie kennen. Die Staudinger-Gesamtschule Freiburg bietet vor der Demonstration von 13-14:30 Uhr ein gemeinsames Bannermalen im Kunstraum 3 an. (Sie bitten, Kartonagen selbst mitzubringen.)

Demo und dann?

Die Frage, was nach einer Demo passiert, treibt einige Menschen immer wieder um. Zahlreich und regelmäßig Präsenz zu zeigen und eine klare Position zu beziehen, ist nach faschistischen Deportationsplänen richtig und notwendig. Ebenso ist es wichtig, an Ideen und Strategien zu arbeiten, wie sich etwas in den verschiedenen Bereichen, in denen Gesellschaft stattfindet, verändern kann, um die Demokratie, besser schützen zu können. Sie zu stärken, ist eine Möglichkeit. Deshalb laden einige Demokrat*innen am 24. Februar zu einer Veranstaltung Demo und dann? – gemeinsam Strategien zur Demokratiestärkung entwickeln ein, die an der Staudinger-Gesamtschule Freiburg stattfinden wird. Nähere Infos werden auch hier in Kürze folgen. Am besten den Tag im Kalender schon blocken.