Demo und dann?

Foto: Peter Herrmann

Wie bereits auf der Versammlung #DemokratieVereint stärken und schützen auf dem Platz der Alten Synagoge angekündigt, soll es für alle Bürger*innen (Familien, Einzelpersonen, Freundeskreise, Vereine, Unternehmen, Schulen, Hochschulen, Verwaltung, Initiativen usw.) aus Freiburg und der Region am 24. Februar ein (kostenfreies) Folgeangebot geben, um das fortsetzen zu können, was mit den verschiedenen Kundgebungen begonnen wurde. Geplant und zugesagt als Ort ist bereits die Staudinger-Gesamtschule Freiburg. UPDATE: Es wird im Europa-Park Stadion (bzw. der Lounge) stattfinden.

Als diese Idee entstand, hatte niemand mit über 25 000 Menschen gerechnet. Den verschiedenen Menschen, die diese Veranstaltung im Hintergrund planen, wäre es wichtig, dass alle Personen, die jetzt anpacken möchten, dafür auch einen Raum erhalten. Deshalb haben wir eine Website aufgesetzt, auf der ihr euch hier bitte (am besten gleich) anmeldet, damit wir erfassen können, ob es notwendig ist, einen größeren Austragungsort zu organisieren. (Bei bis zu 200 Personen würde es an der Staudinger-Gesamtschule stattfinden.) Bitte teilt diese Info in euren Netzwerken!

Programm DemokratieCamp

Je nach Größenordnung und Ort kann es zu Verschiebungen im Programm kommen. Aktuell ist der Ablauf von 9 Uhr bis 16:30 Uhr geplant. Die Veranstaltung wird in einem demokratischen Format durchgeführt, das sich Barcamp nennt. Dabei sind nur der Zeitrahmen und Räume festgelegt. Alles andere handeln die Anwesenden erst vor Ort gemeinsam aus. 

Wie können Unternehmen, Vereine, Institutionen (z.B. Schulen, Ämter, Hochschulen) usw. Diskriminierungen dauerhaft in ihren Strukturen angehen? Ob, wann und wie werden Gespräche mit der Familie, Freunden und Bekannten geführt, die menschenfeindliche Aussagen treffen? Was kann ich konkret tun, damit unsere Demokratie wehrhafter und stärker wird? Welche Initiativen, Vereine, Personen/-gruppen usw. gibt es dazu bereits in der Region? Gibt es erfolgreiche, erprobte Ansätze aus anderen Städten oder Ländern, die zu einer Demokratiestärkung führen? Diese oder viele weitere bzw. deine Fragen, Ideen und Lösungsansätze können hier stehen.

So könnte ein möglicher Tagesplan aussehen:

09:00 – 09:30 Uhr Ankommen und registrieren

09:30 – 09:50 Uhr Begrüßung und Erklärung der Barcamp-Regeln

09:50 – 11:15 Uhr Gemeinsame Planung der Angebote

11:30 – 12:15 Uhr Angebotsrunde 1

12:15 – 13:30 Uhr Mittagspause und -essen

13:30 – 14:15 Uhr Angebotsrunde 2

14:30 – 15:15 Uhr Angebotsrunde 3

15:30 – 16:15 Uhr Angebotsrunde 4

16:15 – 16:30 Uhr Gemeinsamer Abschluss (Austausch und Ausblick)

Sobald nähere Infos vorliegen, werden sie wieder (hier und) im Netz unter #DemokratieVereint geteilt werden bzw. zu finden sein. Die Demonstrationen waren nur ein Auftakt. Jetzt folgt die gemeinsame und wichtige Arbeit. UPDATE: Hier findet ihr mehr Infos zur Idee des DemokratieCamps und wie man sich darauf vorbereiten kann.

(Der folgende Text ist mein Redebeitrag bei der Versammlung #DemokratieVereint stärken und schützen, die am 21. Januar 2024 auf dem Platz der Synagoge in Freiburg stand und zu der zwischen 25000 und 30000 Demokrat*innen gekommen sind. Hier findet man den Beitrag als YouTube-Video.)

Foto: Stadt Freiburg

Ich möchte kurz erklären, weshalb ich Freitagnacht vor einer Woche diese Versammlung angemeldet habe und was mich bewegt, hier zu sein. Das soll auch ein Auftakt dafür sein, was danach folgen soll: die Demokratiegespräche und die Demokratiebewegung.

Für viele Betroffene stellte sich nach der Veröffentlichung der CORRECTIV-Recherche die Frage, wie die allgemeine, öffentliche Reaktion auf faschistische Deportationspläne ausfallen wird und ob sie nicht doch nur ein nächster, logischer Schritt und Tiefpunkt der sich nach rechts verschiebenden Debatten, Politik und des Alltags sein wird. Wenn ich ehrlich bin, zweifelte ich in den letzten Monaten zunehmend daran, ob es überhaupt noch eine schweigende Mehrheit gibt. Die 10 000 Demokrat*innen am Mittwoch, mehrere tausend gestern und ihr heute habt aber eine klare Botschaft gesendet: Es gibt sie, sie schweigt nicht mehr und zeigt sich solidarisch. 

Diese unglaublich vielen, unterschiedlichen Kundgebungen, die bundesweit in kleinen und großen Städten oder Gemeinden seit Tagen stattfinden, sind ein starkes Zeichen und eine notwendige Positionierung zur Demokratie. Diese Bilder sind wichtig und wirken. Sie lassen mich und euch spüren, dass wir als Demokrat*innen nicht allein sind. Und doch können sie nur ein Auftakt sein, für die Arbeit, die folgen muss, um unsere Demokratie zu stärken und zu schützen.

Dem Titel und Aufruf #DemokratieVereint stärken und schützen sind heute viele gefolgt. Dass durch die anstehenden Wahlen in Sachsen, Brandenburg und Thüringen die Bedrohung unserer Demokratie durch die AfD klare Züge erhält, hat sicher dazu beigetragen. Und ich möchte an dieser Stelle auf eine wichtige Unterscheidung hinweisen: Die AfD ist eine demokratisch gewählte Partei. Das macht sie aber nicht zu einer demokratischen Partei. Im Gegenteil: Die AfD ist eine Gefahr für die Demokratie und muss deshalb davon abgehalten werden, unsere Demokratie von innen zerstören zu können. 

Gleichzeitig halte ich den Slogan „Ganz Freiburg hasst die AfD“ aus verschiedenen Gründen für falsch. Hass löst kein Problem. Hass ist ein Problem. Hier können wir von den Omas gegen Rechts lernen, die gestern zu einer Demo gegen Hass und für Menschenwürde aufgerufen hatten. Hass ist destruktiv, zerstörend. Rechtsextreme erzeugen und nutzen deshalb bewusst Hass als Treibstoff und Motor für ihre Arbeit. Demokrat*innen sollten andere Dinge einen. Dazu habe ich einen konkreten Vorschlag: 

Vielleicht sind heute auch viele dem Aufruf gefolgt, weil Grundwerte und Grundrechte hinter „Demokratie stärken und schützen“ stehen. Es ist die Gerechtigkeit, die eine Demokratie stärkt und die Freiheit, die aktuell in Gefahr ist und die es zu schützen gilt. Beides ist nur mit Solidarität zu erreichen. Das könnte uns somit einen: Gerechtigkeit, Freiheit und Solidarität.

Ich möchte mit ein paar Punkten enden, die eine Demokratie stärken und schützen oder auch nicht. Sie können als Anregung und Überleitung zu den Demokratiegesprächen verstanden werden, die im Anschluss folgen:

Eine AfD-Light-Politik demokratischer Parteien hilft nur der AfD. Wer Personen, die Menschenleben und diesen Planeten retten möchten, kriminalisiert und als Problem definiert, verschärft nur die wahren Probleme einer Demokratie. Wer übrigens die Sorgen der Bürger*innen ernst nehmen möchte, findet sie hier und auf den deutschlandweiten Kundgebungen aller Demokrat*innen. 

Und weil in den letzten Tagen immer wieder von führenden Politiker*innen einiger demokratischer Parteien erklärt wurde, man müsse die AfD inhaltlich stellen: Dann freue ich mich auf die Politik, die für faire Arbeitsbedingungen, bezahlbaren Wohnraum, ein nachhaltiges und soziales Mobilitätskonzept, ein starkes Bildungssystem, Abbau struktureller und institutioneller Diskriminierungen und viele weitere Aspekte sorgt.

Die CORRECTIV-Recherche hat mich, wie auch die meisten über 20 Millionen in Deutschland lebenden Menschen mit Einwanderungsgeschichte, nicht überrascht. Wir erleben seit Jahrzehnten Rassismus, Gewalt und diskriminierende Strukturen im Alltag und Berufsleben, fernab der Kameras und Kundgebungen. Eine bedrohliche, anstrengende, zermürbende Realität, die für viele nicht sichtbar ist. Auch, weil sie diese Sichtbarkeit nicht erhält, was ein Resultat struktureller Probleme ist. Hier wünsche ich mir, dass diese Perspektiven auch medial stärker stattfinden und dass Betroffene öfter zu Wort kommen und nicht nur über sie gesprochen wird.

Eine starke Demokratie ist kein Wettbewerb, sondern eine gemeinsame Arbeit an der Idee, allen ein würdevolles Leben zu ermöglichen. Auch wenn es aktuell stark um Rassismus geht: Wer Rassismus ernsthaft bekämpfen möchte, muss alle Menschen in den Blick nehmen, die Gewalt und Diskriminierungen ausgesetzt sind. Sonst wird das Problem nur verschoben. Freiheit ist erst dann für alle gegeben, wenn Menschen nicht aufgrund von Hautfarbe, Geschlecht, Religion, Nationalität, Alter, sexueller Orientierung, finanzieller Lage oder sonstiger Merkmale bedroht und ausgeschlossen werden, sondern in allen Lebensbereichen gleichberechtigt teilhaben und teilgeben können.

Deshalb: Hört Betroffenen zu, gebt ihnen Raum, unterstützt sie und ihre Arbeit, wie auch die Personen, Organisationen, Initiativen und Vereine, die sich seit Jahren in diesen Bereichen engagieren. Auch nach den Demos und dauerhaft. Schreitet bitte ein, sucht Verbündete und zeigt euch solidarisch: in der Straßenbahn, bei der Arbeit, im Supermarkt, in der Schule, im Verein, auf der Straße, in sozialen Netzwerken, wo auch immer Menschen Diskrimierung und Gewalt erfahren.

Die Harvard Politologin Erica Chenoweth hat gezeigt: Entscheidende gesellschaftliche Veränderungen können von einer relativ kleinen Gruppe politisch aktiver Bürger:innen ausgelöst werden. Wenn 3,5% der Menschen gewaltlos und entschlossen aufbegehren, sind große politische Umwälzungen möglich. Das sind in Freiburg etwa 8000 bis 9000 Menschen. Somit habt ihr es in der Hand und eine reale Chance, das alles in eine Bürger*innenbewegung zu überführen und eine wehrhafte Demokratie gemeinsam auszuhandeln, in der wir gerecht, frei und solidarisch miteinander leben können. Danke.

Am Sonntag, den 21. Januar 2024, sind alle Demokrat*innen aus Freiburg und der Region eingeladen worden, sich unter dem Titel Demokratie vereint stärken und schützen um 15 Uhr auf dem Platz der Alten Synagoge zu versammeln. Dieser Beitrag soll ein paar wesentliche Fragen zu Versammlung klären. Ich hoffe dabei auf die Solidarität von Menschen mit Internet, dass diese Informationen möglichst viele Menschen aus Freiburg und der Region erreichen. Hierfür ein herzliches Dankeschön im Voraus.

Programm

Der aktuelle Plan lautet:

15 Uhr bis 15:15 Uhr Begrüßung und kurze Rede

15:15 Uhr bis 15:30 Uhr Demokratiegespräche

15:30 Uhr bis 15:35 Uhr Organisatorisches

15:35 Uhr bis 16:xx Uhr Demokratiebewegung (Aufzug)

16:xx Uhr bis 17 Uhr Demokratiegespräche und Abschluss/Verabschiedung

Am Mittwoch fand die Kundgebung Gemeinsam gegen Rechtsextremismus mit fast 10 000 Menschen statt, die von den Jugendorganisationen (der Parteien) organisiert wurde und die ausschließlich aus verschiedenen Redebeiträgen bestand. Am Samstag planen die Omas gegen Rechts eine Menschenkette. (Hier hoffe ich auf die gleiche Solidarität der Bürger*innen wie am Mittwoch.) Deshalb liegt am Sonntag der Schwerpunkt bei einem gemeinsamenAufzug“ (so heißt das in Amtssprache, habe ich gelernt) bzw. einer Demokratiebewegung durch die Stadt. Folgende Route habe ich dabei angemeldet:

Demokratiegespräche

Ein Kernziel der Versammlung ist es, dass möglichst viele und diverse Bürger*innen miteinander ins Gespräch kommen, was sie unter Demokratie verstehen, um diesen Begriff mit Bildern zu füllen. Deshalb lade ich alle herzlich ein, Plakate, Schilder oder Banner für den Sonntag zu erstellen, auf denen steht, was für sie Demokratie bedeutet, was das mit ihrem Leben zu tun hat, warum sie die Demokratie jetzt wehrhaft sein muss, welche Werte ihnen wichtig sind oder welche Probleme sie sehen und welche Lösungen sie kennen. Die Staudinger-Gesamtschule Freiburg bietet vor der Demonstration von 13-14:30 Uhr ein gemeinsames Bannermalen im Kunstraum 3 an. (Sie bitten, Kartonagen selbst mitzubringen.)

Demo und dann?

Die Frage, was nach einer Demo passiert, treibt einige Menschen immer wieder um. Zahlreich und regelmäßig Präsenz zu zeigen und eine klare Position zu beziehen, ist nach faschistischen Deportationsplänen richtig und notwendig. Ebenso ist es wichtig, an Ideen und Strategien zu arbeiten, wie sich etwas in den verschiedenen Bereichen, in denen Gesellschaft stattfindet, verändern kann, um die Demokratie, besser schützen zu können. Sie zu stärken, ist eine Möglichkeit. Deshalb laden einige Demokrat*innen am 24. Februar zu einer Veranstaltung Demo und dann? – gemeinsam Strategien zur Demokratiestärkung entwickeln ein, die an der Staudinger-Gesamtschule Freiburg stattfinden wird. Nähere Infos werden auch hier in Kürze folgen. Am besten den Tag im Kalender schon blocken.